Asynchronous Transfer Mode (ATM)
ATM steht für asynchronous transfer mode =
asynchrone
Übertragungsart. Diese Hochgeschwindigkeits-Paketvermittlung wurde
für Breitband-ISDN (B-ISDN) als Vermittlungstechnik entwickelt und
ist für Daten, Sprache, Text und Bilder gleichermaßen geeignet. Es
gilt als die Technologie der Zukunft. ATM basiert auf FPS (fast
packet switching). Dabei werden die Daten zu Paketen zusammengefaßt
und zum Ziel geroutet. Das zuständige Normungs- und
Standardisierungsgremium ist nicht das IEEE, sondern das ATM-Forum.
Im folgenden soll die Funktion von ATM vereinfacht dargestellt
werden. ATM arbeitet verbindungsorientiert, d. h. vor der
Übertragung muß eine Verbindung erst geschaltet werden. Wie bei der
klassischen Telefontechnik wird die Verbindung "irgendwie"
geschaltet; wenn der kürzeste Weg bereits ausgelastet ist, wird ein
Ausweichweg verwendet (salopp gesagt: Wenn die Strecke
Nürnberg-München ausgelastet ist, wird eben der Weg
Nürnberg-Flensburg-München gewählt).
Im Kontrollfeld (Header) werden auch keine expliziten Quell- und
Zieladressen angegeben, sondern ein virtueller Pfad und ein
virtueller Kanal.
Ein virtueller Pfad (virtual path, VP) ist eine für kurze Zeit
geschaltete Verbindung, die während ihrer Existenz so aussieht wie
eine richtige Festverbindung (Standleitung). Dieser geschaltete Weg
durch das Netz wird als virtuell bezeichnet, weil er nicht permanent
fest geschaltet ist, sondern nur für die kurze Zeit der
Datenübertragung.
Zur Kennzeichnung wird ihr ein VPI (virtual path identifier) als
Bezeichnung zugeordnet. Ein virtueller Kanal (virtual channel, VC)
ist ein Übertragungskanal, der genau wie der virtuelle Pfad nur
während der Datenübertragung existiert. Zur Kennzeichnung wird ihm
ein VCI (virtual channel identifier) als Bezeichnung zugeordnet.
Ein virtueller Pfad besteht aus mehreren virtuellen Kanälen,
komplexe Anwendungen können mehrere virtuelle Kanäle gleichzeitig
belegen. Die klassischen Standleitungen enthalten ebenfalls mehrere
Übertragungskanäle, doch können die virtuellen Kanäle bei ATM die
virtuellen Pfade (Leitungen) wechseln. Wenn beispielsweise zwei
virtuelle Kanäle auf Pfad 1 ankommen, kann Kanal 1 durchaus auf Pfad
2 und Kanal 2 auf Pfad 1 zum selben Zielnetz geschaltet werden.
-
Bei VP-Switches bleiben die Kanäle den virtuellen Pfaden
fest zugeordnet, die Pfade werden durch das Netz geschaltet.
-
Bei VC-Switches werden die Kanäle über verschiedene Pfade
geschaltet. Bei den geschalteten Verbindungen gibt es zwei
wichtige Arten:
-
Eine PVC (permanent virtual circuit = permanente
virtuelle Verbindung) bleibt auch im unbenutzten Fall so
lange geschaltet, bis sie wieder gewollt abgebaut wird.
-
Eine SVC (switched virtual circuit = geschaltete
vinuelle Verbindung) bleibt nur für die Dauer der
Übertragung geschaltet und wird nach Übertragungsende
automatisch wieder abgebaut.
Bei der Wegewahl wird eine einfache Art des Routings verwendet,
um die Datenpakete durch das Netz zu senden. Der Weg, den das
Datenpaket durch das ATM-Netz zurücklegt, besteht dabei aus drei
Hauptabschnitten:
-
Vom Absender zum
Switch, an dem der Absender angeschlossen
ist.
-
Vermittlung innerhalb des ATM-Netzes von
Switch zu
Switch.
-
Vom
Switch, an dem der Empfänger angeschlossen ist, zum
Empfänger.
Als Übertragungsverfahren wird bei ATM das
Paketvermittlungsverfahren Cell Relay ("Zellenvermittlung")
verwendet. Bei diesen Zellen handelt es sich um Rahmen fester Länge
mit 5 Byte Header für Adressierung und Steueranweisungen sowie 48
Byte Nutzdaten, insgesamt also 53 Byte. Dabei wird zwischen zwei
unterschiedlichen Zelltypen unterschieden.
-
Die UNI-Zellen (user network interface) werden an der
Schnittstelle zwischen Anwender und ATM-Netz verwendet und
besitzen im Header 8 Bit für die Angabe des virtuellen Pfades
und 4 Bit für die Flußkontrolle.
-
Die NNI-Zellen (network node interface) werden zwischen den
Netzwerkknoten (ATM-Switches) verwendet und besitzen 12 Bit für
die Angabe des virtuellen Pfades, jedoch keine Flußkontrolle.
Die Zellen werden von den
Switches an den entsprechenden
Trennstellen im ATM-Netz automatisch umgewandelt. Durch die
sogenannte 'cell loss priority', die Verlustpriorität, wird
festgelegt, welche Zellen auch bei sehr hoher Auslastung des Netzes
noch unbedingt übertragen werden müssen (z. B. kritische Daten oder
Synchronisationsanweisungen) und welche gegebenenfalls auch verloren
gehen können (z. B. Bildinformation bei Bildtelefonie). Die
Fehlerkontrolle bezieht sich nur auf den 5 Byte großen Header, nicht
jedoch auf die Daten. Es ist ATM völlig egal, was übertragen wird,
wichtig ist nur wohin und wie. Das ist auch ein Grund für die
Schnelligkeit. Die wichtigsten Übertragungsraten sind 622 MBit/s
(Lichtwellenleiter), 155 MBit/s (LWL und Kupferleitungen), 100
MBit/s (LWL und FDDI) und 26 MBit/s (Kupferleitungen).
ATM kann Datenströme unterschiedlicher Bitraten flexibel
übertragen und vermitteln. Die Übertragungsrate ist skalierbar, d.
h. Übertragungsbandbreite wird flexibel bereitgestellt. Jedem
Endgerät kann statisch (also vorab) oder dynamisch (also bei
konkretem Bedarf) Bandbreite zugewiesen werden, die Netzleistung
wächst also mit. Durch die transparente Übertragung in den Zellen
werden bei den Netzübergängen keine Gateways benötigt, um von LAN-
auf WAN-Protokolle umzusetzen. ATM ist gleichermaßen für
LANs,
schnelle Backbones und WANs geeignet.
ATM ist verbindungsorientiert und baut immer eine
Punkt-zu-Punkt-Verbindung auf. Für eine Übertragung muß also immer
eine Verbindung zwischen zwei Stationen geschaltet werden (ATM
basiert auf der Vermittlungstechnik). Klassische LANS sind
verbindungslos, jede Station ist zu jeder Zeit mit allen anderen
Stationen fest verbunden, alle teilen sich dasselbe
Übertragungsmedium. ATM als LAN (lokales ATM,
L-ATM) benötigt eine
LAN-Emulation. So entsteht ein virtuelles Netz, bei dem das
ATM-Netz
mehreren Teilnehmern (Geräte/Software) ein nichtexistierendes LAN
vorspiegeln muß. Dabei sind verschiedene Ansätze allerdings noch in
Diskussion. Diese LAN-Emulationen arbeiten alle auf Schicht 2 des
ISO-Schichtenmodells, dadurch eignen sie sich für routebare und
nicht routebare Protokolle gleichermaßen. Für die
Übertragung von
IP-Paketen über
ATM haben sich die nachfolgend beschriebenen 3
Verfahren heute etabliert.
- CLIP
Dies ist die Abkürzung für "Classical IP". Hier werden die
Datenpakete aus unterschiedlichen Netzen über ATM transportiert.
Die Datenpakete aus verschiedenen Netzformen (wie Ethernet,
Token-Ring) können in einem Fall nach der "Logical Link Control
Encapsulation"-Methode alle über eine virtuelle Verbindung
übertragen werden. Die ATM-Zellen werden mit
Header-Informationen über den Protokolltyp des transportierten
Datenpaketes versehen. Zur effizienten Gestaltung des
Datentransportes kann auch je Protokolltyp eine virtuelle
Verbindung aufgebaut werden. Das Feld mit der Typangabe für die
transportierten Pakete kann enfallen, so das mehr Raum für
Nutzinformationen zur Verfügung steht. Die mittels CLIP
transportierten Datenpakete können allerdings hinsichtlich der
IP-Adressen nur immer innerhalb eines IP-Subnetzes transportiert
werden, da hier keine Möglichkeit des Routings über ATM besteht.
- LANE
Das LAN-Emulationsverfahren (LANE) simuliert die Abläufe und
Funktionen eines herkömmlichen LAN. Hierdurch kann eine
existierendes LAN auf ATM abgebildet werden. Das emlierte LAN
(ELAN) hat eine Client/Serverarchitektur, bei der jedes Endgerät
einen softwareseitigen "LAN Emulation Client" (LEC) besitzt.
Dieser unterhält Steuerverbindungen zu den einzelnen
LANE-Servern. Eine Nutzdatenverbindung kann direkt zu den
anderen LEC aufgebaut werden. Daneben kann auch eine
Broadcastsendung verschickt werden, indem einen Nachricht an den
"Broadcast and Unknown Server" (BUS) geschickt wird, der diese
Nachricht dann an alle Clients verteilt. Das ELAN wird von einem
"LAN Emulation Configuration Server" konfiguriert. Daneben ist
noch ein LAN-Emulations-Server installiert, der zur
Registrierung einzelner Clients und zur Ermittlung von Adressen
dient. Die Teilnehmer des emulierten LAN gehören alle zu einem
Subnetz. Es besteht mittels LANE keine Möglichkeit, Datenpakete
zwischen einzelnen LANE-Netzen zu routen. Auch die Garantie
einer Dienstgüte ist bei LANE nicht möglich.
- MPoA
Das "Multiprotocol Encapsulation over ATM"-Verfahren beseitigt
die Nachteile der anderen beiden Verfahren hinsichtlich des
Routings zwischen den Subnetzen. Zudem kann hier die Dienstegüte
für einzelne Dienste garantiert werden. Das Netz besteht aus
MPoA-Servern und MPoA-Clients. Die MPoA-Server dienen als
virtelle Router, welche die Aufgabe haben, die Route zum
Zielnetz zu ermitteln. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Routern,
die auch den Transport der Daten übernehmen, sind die Router
hier allerdings nur für die Wegewahl zuständig. Die MPoA-Clients
bauen mit den Informationen der MPoA-Server die gewünschte
Verbindung auf, und übernehmen den eigentlichen Datentransport.
Gegenüberstellung der Technologien
|
Telefonnetz |
Paketnetz (Datex, X.25) |
Frame-Relay |
ATM |
Vermittlungsprinzip |
Leitungsvermittlung |
Paketvermittlung |
schnelle Paketvermittlung |
Zellvermittlung |
Fehlerkorrektur im Netz |
nein |
ja |
nein |
nein |
Paketgröße |
keine Pakete |
variabel |
variabel |
fest (53 Byte) |
mehrere Verbindungen gleichzeitig |
nein |
ja |
ja |
ja |
Durchsatz der Netzknoten |
sehr hoch |
mittel |
hoch |
sehr hoch |
|